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1. Das Deutsche Reich - S. 10

1905 - Berlin : Mittler
10 — rheinische Tiefebene deutlich zeigt. Handelsgewächse, wie Tabak, Hopfen, Zichorien, Hanf und Mohn, gedeihen dann vorzüglich. Wirken jedoch in einem Gebiete hohe Sommer- temperaturen und geringe Bewölkung zusammen, so ist dies, natürlich immer unter Voraussetzung der entsprechenden Bodenzusammensetzung, ganz besonders für den Wein- und Obstbau günstig. Daher eignet sich auch die Rheinebene mit ihren seitlich gelegenen Tälern in so hervorragender Weise für diese Kulturen. In Gegenden mit ausgedehnten Sandflächen (Mark Brandenburg) sind viele Regentage mit nicht zu großer Er- giebigkeit für den Anbau von Halmfrüchten besonders er- wünscht. So förderlich auch ergiebige Niederschlagsmengen im Sommer dem Stoppelfruchtbau sind, so hinderlich können sie jedoch leicht der Getreideernte werden, deren Güte nicht selten darunter empfindlich leidet. Höhere Temperaturen im Spätherbst begünstigen die Bearbeitung des Bodens zwischen Ernte- und Saatzeit. Heftige, lange anhaltende Stürme sind der Auf- forstung mancher Gegenden sehr hinderlich; dagegen ist ein hoher Feuchtigkeitsgehalt der Luft derselben dienlich. gl. Die natürlichen Landschaften. (Allgemeines.) Die Lage des deutschen Reiches im Gradnetz. Deutschland liegt auf der östlichen Hälfte der nördlichen Erdhalbkugel; es erstreckt sich vom 6. bis 23.° ö. L. (Greenwich). Es reicht ferner vom 47. bis zum 56.° n. Br. und dehnt sich somit durch etwa 9 Breitengrade aus. (Genau bezeichnet, hegt der südlichste Punkt 47° 16', der nördlichste 55° 53' n. Br., der westlichste 5° 52' und der öst- lichste 22° 53' ö. L.). Welche politische Lage hat Deutschland? Mit Recht hat man es das »Herz« Europas genannt. Drei Groß- und vier Kleinstaaten umschließen es un- mittelbar in einem großen Kranze.

2. Das Deutsche Reich - S. 14

1905 - Berlin : Mittler
— 14 — Gliederung- : a) physische. Die innere Hochfläche wird durch das Donautal in zwei ungleich große Teile zerlegt: die süd- deutsche und die oberpfälzische Hochebene. b) politische. Es umfaßt den größten Bruchteil des Königreichs Bayern : Schwaben, Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und die südlichen Zipfel von Württemberg und Hohenzollern (Sigmaringen) und den Ostzipfel von Baden. Größe. Der größte Teil des Vorlandes, Bayern, erreicht fast die doppelte Größe der Provinz Brandenburg (76000 qkm) mit 6,2 Mill. Einwohnern. Volks dichte. In den meisten Gebieten wohnen auf 1 qkm kaum 40, in der Nähe der Großstädte 50, vereinzelt 100 Menschen; im bayerischen rechts des Rheins durchschnitt- lich 76,4, links des Rheins 140,3. Die deutschen Kalkalpen. Lage. Sie reichen vom Bodensee bis zur Salzach und zerfallen in Algäuer, bayerische und Berchtesgadener Alpen. Welches Landschaftsbild zeigen die Algäuer Alpen? Sie sind die anmutigsten und lieblichsten unter den deutschen Kalk- alpen. Vom Fuße bis fast hinauf zum Gipfel ziehen sich saftig grüne Matten, die mehr als 20% des Bodens einnehmen und mehrmals gemäht werden können. Wie ist die Fruchtbarkeit des Algäus zu erklären? Die bedeutende Futtermenge hat ihren Grund in dem Wasserreichtum (bis 2000 mm) und in dem tonreichen, leicht verwitternden Mergelschiefer, der alle Täler und Höhen überdeckt. Welche Erwerbsquellen ergeben sich hieraus für die Be- wohner des Algäus? Das ziemlich rauhe Klima der Höhen und die sehr zeitig eintretenden Nachtfröste sind dem Getreidebau wenig zu- träglich. Dafür bieten die kräftigen Weiden der Berge und Täler zahlreichen Rinder- und Ziegenherden reichlich Futter. Daher ist die Almwirtschaft eine wichtige Erwerbsquelle der Algäuer Bevölkerung. Den Hauptort bildet Kempten, schon in der Ebene ge- legen. Es ist seit frühester Zeit ein Stapelplatz für den

3. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 71

1908 - Berlin : Süsserott
— ri — Rumäniens denen Rußlands ähnlich sind und diejenigen des verkehrs- armen Sibiriens und Persiens eher hemmend wirken. 2. Bodengestaltung und -beschaffenheit, Rußland ist ein großes Tiefland. Die östliche Grenze desselben ist der Ural. Er ist im Norden am höchsten und ödesten („sumpfreicher" Ural), birgt in seinem mittleren Teile reiche Erze und hat im Süden dichten Waldbestand. Ungefähr in der Mitte des Flachlandes erhebt sich die Waldaihöhe. (Vergleiche sie ihrer Bedeutung nach mit dem Fichtelgebirge und dem St. Gotthard!) Die Waldaihöhe findet ihre Fortsetzung nach Osten und Westen in kleineren Bodenerhebungen, während nach Süden hin der breite mittelrussische Landrücken ansetzt, der sich bis zu den Gebieten des Don und Donez hinzieht und sich jen- seits dieser Ströme noch einmal erhebt, um steil zur Wolga (Berg- ufer) abzufallen. Den südwestlichen Teil füllen die Ausläufer der Karpathen, während die Südgrenze gegen Asien zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meere von dem Hochgebirge des Kaukasus gebildet wird. Bezüglich der Beschaffenheit des Bodens hat man drei Gürtel zu unterscheiden: i. die nördlich der Linie Lemberg-Tula- Kasan-Perm gelegene waldreiche Zone; wo im Norden die Wald- bedeckung aufhört, breiten sich Wiesen- (Flechten) und Sumpf- flächen aus, Tundren genannt, auf denen nur anspruchslose Fischer und Jäger ein kümmerliches Dasein fristen. Der westliche Teil dieser Region ist sehr sumpfreich (Rokitnosümpfe). 2. Das Gebiet der „schwarzen Erde", südlich jener Zone bis zu der Linie Kischinew- Jekaterinoslaw-Don-Wolga. In diesem großen Räume haben frühere große Waldungen einen humusreichen und daher äußerst fruchtbaren Boden hinterlassen, der es zur Kornkammer Europas macht. 3. Die Region der gelben Steppenerde, entstanden durch Staub- verwehungen aus den asiatischen Steppen und Wüsten, im Süden und Osten des zweiten Gürtels bis zum Schwarzen Meere und zur Wolga. Die ponto-kaspische (Manytsch-) Niederung, nördlich des Kaukasus gelegen, ist früherer Meeresboden und sehr salzhaltig, während die Steppe nördlich des Kaspischen Meeres infolge ihrer Pflanzenarmut nebst den vorhin erwähnten „Tundren" zu den un- produktivsten Teilen des russischen Reiches rechnet. 3. Bewässerung. Rußland ist in Europa das Land der großen Ströme. (Gründe: Ausdehnung des Landes, große Wälder, viele

4. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 141

1908 - Berlin : Süsserott
— hi — Die Monsungebiete Asiens. Die Jahreszeitenwinde oder Monsune sind für Klima und Bodenfruchtbarkeit und infolgedessen auch für die wirtschaft- lichen Verhältnisse großer Strecken Südostasiens von ausschlag- gebender Bedeutung. Ihre Wirkung erstreckt sich auf Vorder- und Hinterindien (siehe S. 45), Niederländisch-Indien (S. 28), Süd- und Mittelchina, die Südhälfte Koreas und Japans. — Der Südwest oder Sommermonsun herrscht in den Monaten J uni bis Oktober und bringt dem asiatischen Tropengebiet Regenfälle und üppigen Pflanzen- wuchs. (Die Gebirge werden mit Regenströmen direkt Übergossen, so daß im Khasiagebirge — Nordostecke von Vorderindien — 1200 cm jährliche Regenmenge keine Seltenheit sind. Der Nord- monsun ist trocken. In der Übergangszeit von einem zum andern ist es entweder windstill, oder es herrschen verderbenbringende Zyklone und Taifune (Untergang des „Iltis" 1896). Die Monsungebiete sind ausgesprochen gesundheitsfeindlich; Malaria, Pest und Ruhr treten epidemisch auf, Cholera und Aussatz haben hier ihre Hauptherde. Bei der großen Bevölkerungsdichte der Monsungebiete, die wieder eine Folge der ungeheuren Boden- fruchtbarkeit ist, wirken diese Krankheiten um so verheerender. Unter den selbständig gebliebenen Reichen Asiens, welche sämtlich nördlich vom Wendekreis des Krebses zu suchen sind (alle im Tropengürtel gelegenen Halbinseln und Inseln waren trotz ihres Naturreichtums ohnmächtige Gebilde und wurden schon früh von den europäischen Kolonialmächten erobert), sind China und Japan die bedeutendsten, das eine durch seine ungeheure Aus- dehnung und seine uralte Kultur, das andere durch die Regsamkeit, mit der es sich die Errungenschaften der westlichen Kultur an- eignete und auszunützen verstand, beide hervorragend durch regen Güteraustausch mit dem Auslande, gegen das sie sich lange ab- schlössen.

5. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 10

1908 - Berlin : Süsserott
- Io - eisiger Wind, der das Kalkplateau des Karstes zu einer der unfreund- lichsten Gegenden Europas macht. Reiche Bewässerung und geschützte Lage machen die Un- garische Tiefebene in guten Jahren zur Weizenkammer Europas; an den Abhängen der „Hegyellya" reift der feurige Tokayer; fette Alpenweiden und saftige Donauwiesen begünstigen die Viehzucht sehr, und der fruchtbare Boden Mährens, Böhmens und Galiziens bringt Getreide und Obst in Fülle hervor. Aber gar oft vernichten Überschwemmungen und große Dürre (Schneeschmelze im Frühjahr, Mangel an Niederschlägen im Sommer) den Segen der ungarischen Fruchtfelder; in schwerer Arbeit ringt der Bewohner der nörd- lichen Alpengebiete dem kahlen Boden die dürftigen Erträgnisse ab, während reiche Obst- und Weinernten in den geschützten Lagen der südlichen Alpentäler den Fleiß der Bewohner lohnen. 5. Bevölkerung. Am dichtesten ist sie im gewerbreichen Böhmen, sehr dünn (12—14 auf 1 qkm) in Salzburg und Nordtirol (Grund!). Sie entbehrt der nationalen Einheit ganz und gar, und wohl nirgends bilden wie in Österreich-Ungarn Haß und Feindschaft der einzelnen Völker ein fast unüberwindliches Hindernis des Fortschritts. Das Hauptelement bilden die Deutschen (rund ein Viertel der Bevölke- rung). Sie sind den andern Völkerschaften geistig und wirtschaftlich überlegen, ihre Sprache ist noch Kommando- und Handelssprache und wird von allen Gebildeten verstanden, aber sehr schwer haben sie für ihr Volkstum gegen Slaven und Magyaren zu kämpfen. Rein deutsch sind Oberösterreich und Salzburg, Niederösterreich fast ganz, in Steiermark und Kärnten sind die Deutschen in der Mehrzahl, in Tirol und Vorarlberg überwiegen sie; in Böhmen, Mähren, Schlesien bilden sie ein Drittel bis die Hälfte der Volkszahl, und in Sieben- bürgen behaupten sie sich wacker gegen den Ansturm der Ungarn und Rumänien. Außerdem gibt es allenthalben im Reich deutsche Sprachinseln, und fast überall bilden die Deutschen die Mehrzahl der Städtebewohner. Am schwersten gekämpft wird um deutsches Volkstum in Böhmen. (Prag, einst die erste deutsche Universität, ist heute eine tschechische Stadt, in welcher der „Panslavismus" des öfteren Proben des grimmigsten Deutschenhasses ablegt.) Die Slaven, durch Deutsche und Ungarn in Nord- und Süd- slaven getrennt, sind zwar an Zahl stärker als die Deutschen (mehr als zwei Fünftel der Bevölkerung), bilden aber auch keine geschlossene

6. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 37

1908 - Berlin : Süsserott
— 37 — häufigen Nebel sind als Landplage geradezu berüchtigt (London soll nur zwölf sonnenhelle Tage im Jahre haben). Heftige Stürme suchen im Winter oftmals die Nordseeküste heim und würden ohne die zahlreichen Buchten und Leuchttürme den Schiffen noch gefähr- licher sein. Die Bodenfruchtbarkeit ist trotz des milden Klimas nicht sehr groß. Ungefähr 18% des Bodens sind unproduktiv, wovon auf Schottland und Irland verhältnismäßig das meiste entfällt (Heiden und Moore). Ein großer Teil der anbaufähigen Fläche bringt nur Gras und Klee hervor. Von allen Getreidearten sind dem Hafer Bodenbeschaffenheit wie Klima am zuträglichsten, er gedeiht sogar auf den Orkney- und Shetlandinseln. 5. Die Bevölkerung ist der Abstammung nach germanisch. Ihre Sprache, das Englische, ein Gemisch von Niederdeutsch und Französisch, zeichnet sich durch Kürze und Bestimmtheit aus und ist Weltsprache geworden. Ungefähr drei Viertel der Einwohner gehören der anglikanischen, ein Fünftel der katholischen Kirche an (Irland); der Rest sind Juden und Sektierer. Der Brite neigt zur Frömmelei; das zeigt sich besonders in der puritanisch strengen Sonntagsruhe, die selbst geistige Genüsse wie Musik und Schauspiel verpönt, weshalb der Samstagnachmittag arbeitsfrei ist und der Erholung jeder Art gewidmet wird. Unter den zahlreichen religiösen Gemeinschaften ragt die „Heilsarmee" durch segensreiche Wirksam- keit hervor. — Den gewaltigen Vorsprung in wirtschaftlicher Be- ziehung verdankt der Brite seiner Zähigkeit und seinem durchaus aufs Praktische gerichteten Sinn. — Da ein Schulzwang früher nicht bestand, ist die allgemeine Volksbildung nicht sehr hoch. Die Dichte der Bevölkerung ist am größten in den Industriezentren (900 auf i qkm — London allein hat 6 Mill. Einwohner), am geringsten in Irland (53 pro qkm). Dieses hat zudem starke Auswanderung. — Das Britische Reich bildet die älteste konstitutionelle Monarchie. Der König hat verfassungsmäßig eine nur repräsentative Stellung; die gesetzgebende Gewalt teilt er mit den beiden Häusern des Parla- ments (Oberhaus und Unterhaus). B. Wirtschaftliches. i. Die Landwirtschaft, früher von Bedeutung, ist infolge freier Einfuhr der billigeren Nahrungsmittel aus Amerika und Rußland

7. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 113

1908 - Berlin : Süsserott
— ï 13 — (Wetterstürze von io—20o sind keine Seltenheit!), am größten in den regenarmen Gebieten der westlichen Hochflächen. Der ganze Osten und das Mississippibecken haben reichliche Niederschläge und daher üppigen Pflanzenwuchs. Die Laubwälder der Alleghanies sind von erquickender Frische und unerschöpflichem Holzreichtum, und das Gebiet südlich der großen Seen gehört zu den Kornkammern der Welt. Die Menge der Niederschläge nimmt nach Westen zu ab. Die baumlose Prärie (Grassteppe — Viehzucht) bildet den Über- gang zu dem regenarmen Gebiet des Felsengebirges, das Wald nur in den höheren "Lagen trägt, sonst aber von fast wüstenartigem Charakter ist. Dagegen ist das Klima der pazifischen Küste durchaus ozeanisch mit nach Süden zu sich steigernden Niederschlagsmengen. Daher ist der Wald hier besonders üppig, und Obst und Wein geben reiche Ernten. Da Gebirge in ostwestlicher Richtung fehlen, können die kalten Winterstürme bis weit südwärts, warme und feuchte Seewinde im Sommer weit nach Norden dringen. Haupt- sächlich sind es Nordweststürme, welche die Kälte der Arktischen Ebene nach Süden führen und in den „Blizzards", das sind heftige Schneestürme, nicht selten Opfer an Menschen und Tieren fordern. Im Mai herrschen im Mississippibecken häufig Wirbelwinde, Tornados genannt, die oftmals verheerend wirken und ganze Ortschaften vom Erdboden wegfegen. Tropisches Klima haben die Küstengegenden Floridas und die westindischen Inseln. Zuckerrohr, Baumwolle und Tabak sind hier die typischen Vertreter der Pflanzenwelt. 5. Bevölkerung. Sie setzt sich aus Eingeborenen, Eingewan- derten, Eingeführten und Mischlingen zusammen. Von den ersteren, den Indianern, zählte man 1900 nur noch 237 200 Seelen. Sie sind auf bestimmte Gebiete (Reservationen) zurückgedrängt und gehen trotz der Förderung seitens der Regierung immer mehr zurück. Die Neger und Mulatten (1900 = 8,8 Mill.) bilden in vielen Südstaaten die Hälfte der Bevölkerung und sind nach der Aufhebung der Skla- verei wenigstens dem Namen nach gleichberechtigt mit den Weißen. Tatsächlich verschärft sich der Rassengegensatz immer mehr, und das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß beginnt eine soziale Gefahr für die Union zu werden. Faulheit und Sinnlichkeit sind neben einer gewissen Großmannssucht die hervorstechendsten Eigenschaften der Neger, und die Wut der von ihnen gereizten weißen Bevölkerung zeitigt häufig grausige Mißstände im amerikanischen Volksleben Keuchel-Oberbach, Wirtschaftsgeographie. Teil Ii. 8

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 25

1913 - Leipzig : Hahn
25 weiter als nach Merkendorf gehen. Du möchtest dir sonst wehe tun.“ Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wander- bündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dieses und jenes und ging dann, von ihr bis vor die Haustüre geleitet. Die Witwe aber sprach bei sich, als sie, die beiden Hände in den Rocktaschen, nach ihrem Stüblein zurückkehrte: »Ich lasse alles liegen und stehen, auch seinen Rappen; denn er wird nicht lange ausbleiben.“ Und als eine Stunde darauf die Nachbarin kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und antwortete: »Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie holen, da werden sie fertig sein.“ Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich selber, sich mit der neuen Welt nicht einzulassen. In dem großen Mönchswald gab er auch England auf; in dem tiefen Sande hinter dem Walde fiel der Zeiger bis auf Frankfurt zurück; und als ihm in Merkendorf da und dort aus den Stuben ein heimliches Abendlicht entgegenschimmerte wie vom Himmel dm ersten Sterne, fühlte er ganz, was es heiße, Mutter und Heimat auf Nimmerwiederkommen zu verlassen. So kam er in die Herberge seines Handwerks, nippte ohne großen Appetit von dem Biere, das ihm vorgesetzt wurde, und legte sich dann zwischen die Nürnberger Fuhrleute, die auf dem Stroh in der Stube herumlagen. Sein Wanderbündel machte er zum Kopfkissen. Dann löschte der Wirt die mit Schmalz gefüllte Lampe aus, und das Mondlicht herrschte nun allein in der Stube. Andreas aber hatte einen schlimmen Platz gewählt. Sein Schlafkamerad zur Linken träumte vielleicht von einer Schlägerei. Wenigstens schlug er mit seinen großen und harten Fäusten gewaltig um eich und traf dabei den Schuhmacher so in das Genick, daß dieser erschrocken aufsprang und eine andere Schlafstätte suchte. Eine lange, schmale Tafel, welche an der Wand von dem Fenster bis zur Stubentüre reichte und auf der nichts stand als ein Scheffel, lud ihn ein. Er hob den Scheffel herab und sein Wanderbündel hinauf und legte sich dann selbst nach Bequemlichkeit zurecht. Wenige Minuten darauf schloß ein sanfter Schlaf seine Augen, und die Erinnerung aus seiner frühesten Jugend zog, in einen Traum verwandelt, durch seine Seele. Es träumte ihm, er liege als Knabe von sieben oder acht Jahren zum Baden entkleidet auf einem flachen Ufer der Altmühl und wollte sich in dem schwarzen Schlamme wälzen, um dann seinen Kameraden plötzlich als Mohr zu er-

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 11

1913 - Leipzig : Hahn
11 Ein einsamer Mann schritt eilig auf dem schmalen, grasbewachsenen Fußpfade vorwärts. Er war noch jung. Ein leichter Flaum sproßte über den frischen Lippen, und die hellgrauen Augen blitzten unternehmend und sorglos in die Welt. Ein lustiges Lied vor sich hinträllernd, achtete er wenig auf seine Umgebung; er sah weder rechts noch links; er bemerkte es auch nicht, daß die zuerst vereinzelt stehenden Sträucher und Bäume einander immer näher rückten. Plötzlich blieb er stehen. Die Pfade kreuzten sich nach verschiedenen Richtungen, und gerade vor ihm erhob sich ein dichter Wald. Überlegend sah er um sich. Weißer Nebel stieg aus den Wiesen hinter ihm; der Mond war aufgegangen und goß sein bleiches Silberlicht über die Berge; schwarz und schweigend stand der Wald da. Sollte er eintreten? Einen Augenblick besann er sich. Dann warf er trotzig seinen Kopf zurück und schritt vorwärts, zuerst vorsichtig, dann rascher. Immer tiefer drang er ein. Gespenstig drohend streckten die hohen Bäume ihre Äste gen Himmel. Der zuerst ziemlich breite Weg wurde immer schmäler. Kaum mehr dem Auge erkennbar, schlängelte er sich zwischen dem Buschwerk dahin. Der Jüngling mochte wohl mehrere Stunden so gegangen sein; Hunger und Müdigkeit drohten, ihn zu übermannen. Immer langsamer wurden seine Schritte, bis er endlich ganz stehen blieb. Er konnte nicht mehr vorwärts. Gerade vor ihm, quer über dem Weg, lag ein vom Sturme entwurzelter Stamm. Erschöpft ließ er sich auf diesen nieder, es war ihm unmöglich, weiter zu marschieren. Nachdem er eine Zeitlang geruht hatte, raffte er sich empor und eilte wieder zurück auf dem Wege, den er hergekommen war. Eine plötzliche, ihm sonst ganz ungewohnte Angst hatte ihn überfallen. „Nur fort, nur heraus aus diesem Walde," dachte er, „ganz gleich, wohin." Trotz seiner Ermattung lief er vorwärts, so schnell ihn die Beine trugen, einmal auf diesem, dann wieder auf jenem Wege. Aber zu seinem größten Schrecken gewahrte er, daß er immer wieder an den Ort zurückkehrte, von dem er ausgegangen war. Ver- zweifelnd warf er sich nieder, vergrub das Gesicht in beide Hände, schluchzte und rief laut um Hilfe. Als er wieder emporsah, schrak er zusammen, denn vor ihm standen drei Männer. Der eine trug ein prächtiges, reich mit Gold gesticktes Gewand, das von einem glänzenden, mit Edelsteinen geschmückten Gürtel zusammen- gehalten war. Der zweite hatte ein schwarzes Kleid mit rotem Gürtel und der dritte ein blaues Hemd und einen einfachen Ledergurt. In der nervigen Faust hielt er eine schwere Axt. „Was tust du hier?" fragten ihn die drei. — „Erbarmt Euch meiner, ich verschmachte. Sagt mir, wo ich eigentlich bin." — „Du bist im Walde des Elends", gaben sie zur Antwort. — „Helft mir, rettet mich, führt mich hinaus aus dieser entsetzlichen Wildnis", flehte er sie au. — „Wähle einen von uns, der dich führen soll."

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 14

1913 - Leipzig : Hahn
t — 14 — Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor> gegaukelt. Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!" Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die ins reine Land der ewigen Ernten führt. Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen. Jean Paul Friedrich Richter. 13. Die deutsche Turnkunst. Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen. Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr- jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken. In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul- freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor- genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen- hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde. Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu- gleich auf. Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe. Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen. Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht. Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie
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